14. Juni 2024 | Marktberichte

Aktuelle Marktübersicht

Anlagepolitik vom 11.06.2024
Aktuelle Marktübersicht
Marktumfeld

Das Inflationsthema in Kombination mit dem daraus abgeleiteten Handeln der Notenbanken beherrscht weiterhin das Marktgeschehen. Nach den Kursrückschlägen vom April ist es im Mai vor allem bei den Aktien zu einer deutlichen Erholung gekommen. Allerdings bleiben die Unsicherheiten bezüglich der weiteren Inflations- und Wirtschaftsentwicklung sowie des zukünftigen Zinspfades bestehen. Dass sich die Anlegergemeinde über schwächere Konsum- und Arbeitsmarktdaten freut, ist aus der Optik einer dämpfenden Wirkung auf die Inflation und damit die Zinsen durchaus nachvollziehbar. Jedoch darf die wirtschaftliche Wachstumsverlangsamung nicht zu heftig ausfallen, andernfalls stellen sich die hohen Erwartungen an die Unternehmensergebnisse als unrealistisch heraus. Deshalb führen die veröffentlichten Wirtschaftsdaten teilweise zu widersprüchlichen Handlungen der Anlegerinnen und Anleger, ganz nach dem Motto «bad news are good news».

Die Wirtschaft der USA und der Eurozone bewegen sich momentan beide in einem ähnlich gemächlichen Tempo, nur in unterschiedliche Richtungen. Während die Wachstumsdynamik der grössten Volkswirtschaft leicht abnimmt, zeigen sich für Europa geringfügige Erholungstendenzen. Vor allem in Deutschland erholt sich das verarbeitende Gewerbe langsam, was unter anderem mit den besseren Wachstumsaussichten der wichtigsten Handelspartner zu tun hat. Allerdings werden die strukturellen Herausforderungen und die anhaltend hohen Zinsen im besten Fall eine graduelle Erholung zulassen. In den USA weist hingegen der wirtschaftliche Haupttreiber, der private Konsum, zunehmend gewisse Abkühlungstendenzen auf. Dieser Umstand hat einerseits mit den langsam aufgebrauchten Zusatzvermögen aus der Covid-Zeit zu tun, andererseits mit den nach wie vor erhöhten Kreditkosten. Zudem sinkt die Inflation seit Monaten nur noch zögerlich, was das täglichen Leben immer noch spürbar teurer macht.

Obligationenmärkte

Die teilweise widersprüchlichen Signale aus der Wirtschaft führen an den Zins- und Obligationenmärkten zu Verunsicherung. Entsprechend volatil präsentiert sich der Kursverlauf festverzinslicher Anlagen. Zudem gibt es regional betrachtet grosse Unterschiede, weil die Konjunktur- und Inflationsentwicklung stark divergiert. Auch aus der strukturellen Optik gibt es ernstzunehmende Trends, welche sich zunehmend auf das Zinsniveau auswirken. Die staatliche Verschuldung ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. Das ist die Schattenseite einer sehr aktiven Fiskal- und Wirtschaftspolitik, welche in der Zwischenzeit fast alle Länder betreiben. Mittel- und langfristig könnte dieser Umstand zu einem nachhaltig höheren Zinsniveau führen. In den jüngsten Auktionen des US-Schatzamtes hat sich gezeigt, dass Käuferinnen und Käufer mittlerweile eine höhere Risikoentschädigung für eine Investition in den amerikanischen Staat verlangen. Und wie den USA geht es zunehmend auch den anderen Staaten. 

Mit Kanada und der Eurozone haben zum ersten Mal zwei bedeutende Notenbanken ihren jeweiligen Leitzins gesenkt. In beiden Fällen wurde ein solcher Schritt erwartet. Eine vorteilhafte Inflationssituation sowie eine eher schwächere Wachstumsdynamik der jeweiligen Wirtschaft haben für eine Lockerung der Geldpolitik gesorgt. Unverändert belässt voraussichtlich noch für längere Zeit die amerikanische Notenbank Fed ihre Geldpolitik. Sie fordert gemäss den Aussagen des US-Notenbank-Chefs Jerome Powell mehr Evidenz für einen nachhaltigen Rückgang der Inflation auf das angestrebte Niveau von 2 %. Vorher werde es keine Zinslockerung geben, wie die Entscheidungsträger betonen. Damit gilt weiterhin das Kredo, höher für länger.

Auffallend am aktuellen Zinszyklus ist, dass dieser im Vergleich zu früheren ähnlichen Phasen anders abläuft. Das ist der Tatsache geschuldet, dass sich die Wirtschaft und der Arbeitsmarkt trotz restriktiveren Kreditbedingungen weiterhin robust zeigen. Normal wäre eine starke Wachstumsverlangsamung, bis hin zu einer Rezession, um die Preisstabilität wieder gewährleisten zu können. Nachfolgend könnte der geldpolitische Normalzustand mit einer Folge von Zinssenkungen wieder hergestellt werden. Aktuell zögern die Notenbanken allerdings, weil die Inflation durch eine verstärkte Konsum- und Investitionstätigkeit erneut aufflammen könnte. Es ist davon auszugehen, dass jeder zukünftige Zinsschritt nach unten stark datenabhängig vorgenommen wird und deshalb kein klassischer Zinssenkungspfad früherer Jahre entsteht. Darauf haben sämtliche Zinshüter, ob bereits aktiv oder nicht, hingewiesen.

grafik performance obligationen

Performance Mai 2024 in % (YTD dunkle Farbe), Basis CHF 

Aktienmärkte

Nach den Kurstauchern im April konnten die Aktienmärkte im vergangenen Monat einen Grossteil der Verluste wieder aufholen. Neben vorteilhaften Inflationsdaten sorgte vor allem ein erfreulicher Abschluss der Berichtssaison für eine Rückkehr des Risikoappetits bei den Anlegerinnen und Anlegern. Dass die Euphorie rund um das Thema künstliche Intelligenz (KI) noch lange nicht vorbei ist, zeigte sich eindrücklich am Resultat von Nvidia. Der führende Hersteller von Hochleistungschips für das Trainieren von KI-Anwendungen gilt mittlerweile als eine Art Massstab für den Boom und konnte die hoch gesteckten Erwartungen der Analysten einmal mehr übertreffen. Mittlerweile gilt das, gemessen an der Marktkapitalisierung, zweitgrösste Unternehmen der USA als wichtigste Tech-Firma der Welt. Daraus lässt sich folgern, weshalb Nvidia über die Grenzen des US-Aktienmarktes hinaus das Geschehen an den Weltbörsen mitbestimmt. Aufgrund der nun abgeschlossenen Berichtssaison werden sich die Investorinnen und Investoren wieder verstärkt auf die Makroebene und damit die Inflations- und Konjunkturentwicklung konzentrieren. Zudem spielt die weitere Vorgehensweise der Notenbanken eine wichtige Rolle für die Beurteilung der zukünftigen Unternehmensgewinne. Aufgrund der damit verbundenen Unsicherheiten gehen wir weiterhin von erhöhten Kursschwankungen aus.

Der Schweizer Aktienmarkt entwickelte sich bereits im letzten Jahr unterdurchschnittlich. Auch 2024 hat sich dieser Trend bis vor kurzem fortgesetzt. Die Belastungsfaktoren könnten aber zukünftig ihre negative Wirkung verlieren. Die Frankenstärke hat sich in den letzten Monaten in eine Schwäche umgewandelt und sorgt nun für eine Unterstützung der Exportunternehmen. Die wichtigsten Handelspartner wie Europa und China fangen an, sich zu erholen. Und die defensive Sektorausrichtung mit einem hohen Anteil an Unternehmen aus den Bereichen Gesundheit und Basiskonsum könnte in den kommenden Monaten ein Vorteil sein, wenn die Investorinnen und Investoren wieder verstärkt auf Qualität zu einem vernünftigen Preis achten. Zudem haben sich jüngst die beiden angeschlagenen Indexschwergewichte Roche und Nestlé wieder deutlich erfreulicher als noch im letzten Jahr entwickelt.

grafik performance aktien

Performance Mai 2024 in % (YTD dunkle Farbe), Basis CHF 

Devisenmärkte

Massgebend für die Entwicklung an den internationalen Devisenmärkten bleiben die Notenbanken mit ihrer Zinspolitik. Sie definieren auf der Basis des Konjunktur- und Inflationsverlaufs das angemessene Zinsniveau und bestimmen als Begleiterscheinung die Attraktivität der eigenen Währung. Damit lässt sich erklären, weshalb der US-Dollar in diesem Jahr so stark ist, während der japanische Yen immer noch zur Schwäche neigt. Auch der Euro spürte jüngst die Abhängigkeit von geldpolitischen Entscheidungen. Die Zinsreduktion der Europäischen Zentralbank führte zumindest zwischenzeitlich zur Abwertung der europäischen Einheitswährung. Für den Franken bedeutet dies eine starke Abhängigkeit vom Entscheid der Schweizerischen Nationalbank im Juni. Sollte sie sich nach der überraschenden Zinsreduktion im März nun zurückhalten, und davon gehen wir aus, könnte sich der jüngste Trend eines leicht stärkeren Frankens fortsetzen. 

grafik performance devisen

Performance Mai 2024 in % (YTD dunkle Farbe), Basis CHF 

Übrige Anlagekategorien

Die Rohstoffpreise befinden sich momentan auf einer Achterbahnfahrt. Während im bisherigen Jahresverlauf die Meinung eines soliden Wirtschaftswachstums und damit verbunden einer zunehmenden Nachfrage die Kurse vor allem zyklischer Rohwaren nach oben trieb, kam es jüngst zu einer deutlichen Gegenbewegung. Vor allem die schwächeren Konjunkturdaten aus den USA scheinen für einen zunehmenden Pessimismus zu sorgen. Zudem kamen im Fall des Erdöls spezifische Faktoren wie die angekündigte leichte Förderungslockerung durch das wichtigste Ölkartell der OPEC+-Staaten dazu. Die zukünftige Preisbildung wird stark davon abhängen, wie sich die Aussichten für die globale Wirtschaft in den nächsten Monaten präsentieren. Der Entwicklung Chinas, dem grössten Verbraucher von Rohwaren, wird dabei eine entscheidende Rolle zukommen. So oder so ist weiterhin mit einem volatilen Kursverlauf zu rechnen.

grafik performance übrige anlagen

Performance Mai 2024 in % (YTD dunkle Farbe), Basis CHF 

Schlussfolgerung

Trotz der jüngsten Erholung bleibt das Marktumfeld fragil. Die Inflationsrisiken sind immer noch sehr ausgeprägt vorhanden und machen die Geldpolitik wenig planbar. Die fehlende Visibilität führt an den Märkten mit jedem Nachrichtenfluss zu Verunsicherung, was bereits in der jüngeren Vergangenheit erhöhte Preisschwankungen in allen Anlageklassen verursachte. Der starke Zinsfokus führt zudem zu einer erhöhten Korrelation zwischen Obligationen und Aktien. Festverzinsliche Anlagen können deswegen ihre risikodämpfende Wirkung, wenn die Nervosität an den Aktienmärkten zunimmt, momentan nur bedingt ausspielen. Wir bleiben insgesamt in unseren Anlagestrategien defensiv ausgerichtet.

Innerhalb der Aktien ändern wir den regionalen Fokus leicht und bauen europäische Aktien zulasten solcher aus den Schwellenländern auf. Die leicht verbesserte Konjunkturlage in Europa, ein schwächerer Euro sowie eine attraktive Bewertung sprechen für die europäischen Papiere. Zusätzlich realisieren wir einen Teil der aufgelaufenen Gewinne in unserer Goldposition. Die Quote der Übrigen Anlagen halten wir zukünftig neutral und parkieren die freiwerdenden Mittel in der Liquidität. Trotz allem Gegenwind steigender Realzinsen und eines stärkeren US-Dollars hat sich der Goldpreis im bisherigen Jahresverlauf sehr gut entwickelt. Dass die chinesische Notenbank angekündigt hat, vorderhand kein Gold mehr zu kaufen, könnte nun eine leichte Trendwende auslösen, was uns zur teilweisen Gewinnmitnahme veranlasst hat. 

Beschlüsse

Es wurden folgende Änderungen der taktischen Ausrichtung vorgenommen.

  • Aufbau Aktien Europa zulasten Aktien Schwellen-länder
  • Abbau Übrige Anlagen (Gold) zugunsten Liquidität
Taktische Ausrichtung

grafik aktuelle anlagestrategie

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